Reh auf dreierlei Art: ala Tafelspitz / in Rotwein gebeizt / in Milch gereift
Kann sein, dass ein Rezept mit einem unfreiwilligen Wortspiel anfängt. „Reh? Ist das nicht relativ schwierig?“ Ist es nicht: es ist re(h)-lativ einfach. Man muss dem Fleisch vor allem Zeit lassen und ihm nicht zu hohe Temperaturen zumuten. Als ich kürzlich eine sehr gute Rehkeule von einer Jägerin bekam, hatte ich aus den Abschnitten ein kleines Goulasch gemacht, dessen Rezept ihr im Blog weiter unten findet. Nun schulde ich euch aber noch die versprochenen Rezepte für die anderen Zubereitungsarten. Reh auf dreierlei Art: als Tafelspitz / in Rotwein gebeizt / in Milch gereift
Reh ala Tafelspitz: Nicht umsonst sagt man, Reisen bildet, selbstverständlich auch kulinarisch. Als wir kürzlich in Wien zu Gast waren, habe ich eine Menge über die Zubereitung von Tafelspitz gelernt. Unter anderem, dass die Osmose auch in der Küche eine Rolle spielt (Osmose? Biologie in der Schule. Wieder etwas „für das Leben“ und nicht nur für die Schulbankzeit gelernt) Zurück in die Küche: Osmose bedeutet, dass man ein zart gegartes Fleisch besonders aromatisch bekommt, wenn man es nicht in Wasser, sondern in Brühe ziehen lässt, lange ziehen lässt, aber nicht bei zu hohen Temperaturen. Ich habe mich für 30 Minuten bei knapp unter dem Siedepunkt entschieden. Nicht kochen! Das Aroma wird erhöht durch das Anbraten. (Wem es nach mehr Chemie dürstet, kann Maillard Reaktion googlen… aber ich möchte genießen, nicht dozieren.)
Beizen in Wein bzw. Milch folgt gleichen Grundsätzen: Die Stücke in entsprechende Schüsseln legen. Die Fleischstücke müssen von der Flüssigkeit bedeckt sein und werden täglich gewendet. Man bewahre die Schalen abgedeckt an einem kühlen Ort, aber nicht unbedingt im Kühlschrank auf. Hinzugegeben werden können Aromen wie mit Lorbeerblatt und Nelken gepiekte Zwiebeln, gequetschter Knoblauch oder Piment. In einem alten Rezeptbuch wurde ausdrücklich rohe Milch gefordert. Wenn ihr das probieren möchtet und es euch sowieso interessiert: es gibt mindestens drei Milchtankstellen im Landkreis Görlitz (Link) und man kann sie auch im Bioladen bekommen. Nach drei Tagen werden die Stücke herausgenommen, abgetupft und ringsherum goldbraun gebraten. Danach bei ca. 100°C im Backofen abgedeckt 30 Minuten garen. Die Zeit richtet sich nach Gewicht und Größe, es sollte eine Kerntemperatur von 60-70°C erreicht werden.
Die Flüssigkeiten, in denen die Fleischstücke gereift sind, werden zusammen mit den Zwiebeln und Gewürzen aufgekocht, bis sie „klar werden“. Wenn man das macht, wird einem der Sinn sofort deutlich. Das ausgetretene Eiweiß stockt, die Flüssigkeit klärt sich und kann abgegossenen werden, um daraus jeweils die Sauce zu entwickeln. Ich habe die Milchflüssigkeit mit Mehlschwitze gebunden und mit Muskatnuss und Sherry abgeschmeckt. Die dunkle Sauce habe ich mit in Senf aufgeschlagenem Eigelb gebunden und kräftigen Pfeffer verwendet.
Mein Fazit nach diesem kleinen kulinarischen Experiment ist: das in Brühe gegarte Fleisch war am saftigsten, von der Struktur fand ich die Milchreifung am zartesten und die Rotweinbeize ist leicht säuerlich, was den Wildgeschmack gut grundiert. Ich würde sagen, ihr müsste es ausprobieren und euren Favoriten herausfinden, es lohnt sich. Aber bitte bezieht das Reh vom Jäger in eurer Nähe oder einer regionalen Dammwildfarm mit Freilandhaltung. Von Supermarktwild würde ich generell die Finger lassen.
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