Zwei-Nutzungs-Huhn
super easy
Was ist denn ein “Zwei-Nutzungs-Huhn” fragen sich unsere Gäste und viele Andere auch, die diesen Begriff vielleicht zum ersten Mal hören. Als überzeugte Regio-Köchin möchte ich immer ausrufen: Das sollte das neue Normal sein, das ist es, wie Hühner – und Hähne – eigentlich immer gehalten und aufgezogen werden sollten. Aber leider ist es heute alles andre als normal, solche Rassen in der Haltung und dann auch im Verkauf zu finden. Als Zwei-Nutzungshühner werden zumeist alte Rassen bezeichnet, bei denen die weiblichen Tiere (Hühner) eine gute Eierlegeleistung und die männlichen Tiere (Hähne) einen guten Fleischansatz haben. Wenn bei diesen Rassen alle Tiere aufgezogen werden, stimmt es wieder mit dem Gleichgewicht aus Eiern, Suppenhühnern und Brathähnen. Aber bedauerlicherweise ist das die Ausnahme, denn wir haben heute fast nur noch die modernen “Turbo-Rassen”, bei denen entweder nur die männlichen Tiere für das Fleisch großgezogen werden, oder die weiblichen Tiere für die Eierleistung. Die jeweils andere Tiere … na ja, die fallen der Superoptimierung gleich zum Opfer. Weniger Tier, bessere Haltungsformen, artgerechtes Futter und genug Zeit und Auslaufe – so kann es auch gehen! Aber es gibt bei den Hähnen der Zwei-Nutzungs-Hühner einiges zu beachten, denn man hat ein ganz anderes Fleisch und andere Koch- und Brateigenschaften. Wer sich aber darauf einlässt, wird kulinarisch reich belohnt!
Guter Hahn will Weile haben
Ich wandele das Rezept vom Profi-Koch etwas um, und teile mit euch meine “zu Hause einfach und gut Variante”. Die küchenfertigen Brathähnchen in einem geschlossenen Topf mit etwas Brühe bei geringer Hitze 1,5 Stunden im Ofen backen. Dazu kann man Gemüse, Kartoffeln und Wurzelwerk in den Bräter geben. Zum Angießen eignen sich Wein, Brühe oder auch Wasser. Als aromatische Kräuter kann man Lorbeer, Wacholder, Rosmarin und Thymian hinzufügten. Nach dem Braten prüfen, ob die Hähne gar sind, das Fleisch gibt auf Druck leicht nach und beim Einstechen am Knochen tritt heller Saft aus. Dann das Fleisch von der Karkasse lösen und im geschlossenen Gefäß mit Saft begossen bei geringer Wäre stehen lassen, vielleicht im ausgeschalteten Backofen. Das Fleisch soll warm bleiben, das aber nicht trocken werden. Derweil die Karkasse anrösten, mit Thymian und Wein aufkochen und Einreduzieren lassen, so entsteht eine feine Soße, die man mit kalter Butter aufmontieren oder mit einer Mehlschwitze andicken kann. Zusammen mit dem Hahn können nicht nur die Gemüsebeilagen in den Topf, sondern auch die Rosmarinkartoffeln in den Öfen. Dafür kleine neue Kartoffeln waschen und vierteln oder halbieren, mit Öl, Salz und Rosmarin mischen und auf einem Backblech verteilen. Das Blech unter dem Topf mit dem Brathahn in den Backofen stellen und so die Wärme voll ausnutzen. Zum Schluss unter dem Grill knusprig werden lassen.
Von Sundheimern und anderen Arche-Passagieren
Zwei-Nutzungs-Hühner, Eier aus artgerechter Haltung, Bruderhähne und viele andere Ideen helfen uns, den Konsum von Eiern und Geflügelfleisch anders zu planen und andere Bedingungen zu schaffen. Es gibt viele NGOs, Initiativen und regionale Vereine, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen. Slow Food Lausitz hat mit der Idee “Arche des guten Geschmacks” vielfach auf bedrohte Nutztierrassen, alte Rezepte und fast vergessene Handwerkstraditionen aufmerksam gemacht. Wem es möglich ist, der sollte beim Einkauf immer auch auf die Frage nach dem “woher kommt mein Essen und wie wurde es erzeugt” eingehen. Es hilft der Natur, den Verbrauchern, den Herstellern und nicht zuletzt auch den Regionen, wenn wir auf ein mehr an Qualität und ein weniger an Masse setzen. Das eine Brathähnchen ist dann ein besonderer Genuss, dem wir auch gern wieder etwas mehr Zeit widmen. Es wird wieder normal, nichts vom Fleisch wegzuwerfen, aus den Resten vielleicht ein Frikassee zu machen und natürlich auch die Knochen für eine gute Brühe mit viel Gemüse lange auszukochen. Mit würde das sehr gefallen, sowohl kulinarisch als auch im Sinne der regionalen Wertschöpfung. Daher danke ich dem Enderhof für die Aufzucht der Zwei-Nutzungs-Hühner und auch allen Anderen, die sich für das Thema engagieren und nichts zuletzt danke ich allen, die sich beim Einkaufen und Kochen darauf einlassen. Die vielen lebhaften Diskussionen bei unserem Neulandgewinner Menü haben gezeigt, dass es viel Begeisterung gibt, dass es noch an Rezepten mangelt und auch ganz konkrete Probleme in der Lausitz noch angegangen werden müssen. Vielleicht können wir das zusammen auf den Weg bringen?