Ein Korb voll Glück

Sundheimer für Slow Food Lausitz

Der Sundheimer Hahn ist als “Bruderhahn” nicht so einfach zu vermarkten. Die lange Aufzuchtzeit bei den Tieren der alten Rassen und die gute Haltungsform machen die Hähne teuer, für unsere heutige Erwartung an Schlachtgeflügel. Um so wichtiger ist es, im Sinne regionaler Wertschöpfungsketten, die Akteure zu unterstützen, die sich mit den alten Rassen beschäftigen. Für uns vom Vorstand von Slow Food Lausitz ist es daher ein Anliegen, unsere Netzwerke zur Verfügung zustellen! Gleichzeitig möchten wir uns gern auch immer persönlich von dem kulinarischen Wert von Produkten überzeugen. Da wir alle passionierte Hobbyköche sind, lag es nahe, dass wir bei den ersten Hähnen, die vermittelt werden konnten, auch selbst zugreifen wollten und die Züchterin durch den Kauf direkt untersützen.

Netzwerkarbeit ist manchmal ein bisschen kurios, aber nur wenn man Dinge selbst ausprobiert und organisiert, merkt man eben, wo die Herausforderungen liegen. Im Fall der Sundheimer war es die Logistik. Geschlachtet werden darf nur bei ausgewiesenen und hygienisch abgenommen Schlachtstellen. Die Kühlung und die Lebensmittelhygiene muss immer einwandfrei sein. Besonders wenn die Ware dann weiterverarbeitet wird, muss darauf größten Wert gelegt werden. Für unseren Privatbedarf sollten wenige der Tiere nun aber nicht mit der gesamten Lieferung zum Zielort, sondern zu uns privat gelangen, wie konnten wir das bewerkstelligen? Ein Vorstandsmitglied erklärte sich freundlicherweise bereit, meinen Hahn mit abzuholen und so fuhr ich am nächsten Tag bis nach Rothenburg, um mein Geflügel abzuholen. Solche Treffen und Fahrten in der Region sind immer auch vielseitig nutzbar: Waren für die Marktschwärmerei abholen, Akteure besuchen und bei einer Tasse Kaffee nicht nur über das Rezept zum Hahn, sondern auch über Projekte und Netzwerkpartner ins Gespräch kommen.

In der Küche angelangt, habe ich mir den Hinweis meines Mit-Vorstands zu Herzen genommen, dass man einen Sundheimer-Hahn nicht so verarbeiten könne, wie ein modernes Fleischhähnchen. Natürlich, das ist nur logisch. Die Tiere entwickleten sich acht Monate lang, bewegten sich viel, vor allem auch an der frischen Luft und wuchsen daher viel langsamer und das Fleisch bekommt dadruch eine ganz andere Konsistenz und Struktur als bei den “Turbo-Hähnchen” von heute, die teilweise schon nach 40 Tagen geschlachtet werden. Also besser, man vergisst die Rezepte mit einer kurze Garzeit gleich. Hochwertige Produkte haben ihren Preis, keine Frage, aber sie lehrenuns auch wieder, Lebensmittel angemessen zu schätzen. Gerade beim Geflügel hat eine sehr bedenkliche Spirale aus immer mehr Masse und immer geringerem Preis dazu geführt, das Wertschätzung verloren gegangen ist. Mein Sundheimer wird ein Schmorgericht, habe ich beschlossen.

Schmoren ist eine wunderbare Zubereitungsmethode, die Aromenvielfalt mit einer gewissen Unkompliziertheit verbindet. Daher sollte man getrost öfter mal einen Schmortopf ansetzen. Einfach ist es auch daher, weil man es im Wortsinne als einen Ein-Topf zubereiten kann, in dem neben dem Fleisch auch gleich das Gemüse mit gart. Jetzt im Winter entschied ich mich für eine Mischung aus Lach, Möhren. Rüben, Kartoffeln und Sellerie. Diese klassischen Lagergemüse gibt es jetzt aus heimischer Produktion überall und ich kaufe am liebsten direkt bei den Gärtnern, die sie anbauen. Die Schalen des Gemüses werden mit 1 Liter Wasser aufgekocht und 10 Minuten bei kleiner Flamme geköchelt. In der Zwischenzeit teile ich das Gemüse in grobe Stücke und gebe sie in einen schweren, großen Bräter. Das Huhn innen und außen abtupfen und mit einer Salz- und Pfeffermischung gut einreiben. Man kann auch Sellerieblätter oder getrockneten Thymian in das Innere füllen. Insgesamt aber bin ich sparsam mit den zusätzlichen Aromen, denn ich möchte wissen, wie das Fleisch des Suntheimsers schmeckt, das möchte ich nicht überdecken. Die Gemüsebrühe, die ich aus dem Schalen gekocht habe, gebe ich in den Topf, setzte den Hahn auf das Gemüse und dann kommt alles mit geschlossenem Deckel in den Backofen.

Ein Schmorhahn braucht Geduld, daher gebe ich dem Gericht zwei volle Stunden bei 160 °C Umluft im Backofen. Wichtig ist, dass man nicht ständig den Deckel anhebt, auch wenn man natürlich neugierig ist. Aber der sich entwickelnde Dampf soll im inneren beim Garen helfen und nicht ungenutzt entweichen. Am besten also, man lenkt sich ab. Das fällt nicht schwer, wenn das Homeoffice immer Aufgaben bereithält! Erst wenn die angepeilte Garzeit dem Ende entgegengeht, mache ich mich wieder auf den Weg in die Küche. Nach eineinhalb Stunden wage ich die Probe: gar oder nicht gar, das ist hier die Frage. Ein aromatischer Gemüsedampf mit feinem Hähnchenaroma belohnt mein Warten. Die Haut ist noch nicht so knusprig wie gewünscht, aber wenn ich zwischen Schenkel und Karkasse mit einem Spieß vorsichtig hineinsteche, ist der Saft schon hellrosa. Also alles auf dem besten Wege. Die Haut wird mit einer Mischung aus flüssiger Butter und etwas Sojasauce eingepinselt und die restliche halbe Stunde kommt der Deckel wieder darauf. Nach dem Ende der Garzeit ist das Fleisch perfekt, zart und saftig zugleich. Dieses Rezept werde ich gern teilen und auch die Idee, öfter mal Halter und Züchter alter Tierrassen durch den Kauf ihrer hochwertigen Waren zu unterstützen.

Nach dem kulinarischen Test soll bald eine digitale Info-Veranstaltung mit der Züchterin folgen. Ich bin neugierig auf die Hintergründe des Projekts und hoffe, wir können uns einbringen. Vielleicht gibt es auch innovative Direktvermarktungswege? Oder man kann das Thema alter Nutztierrassen gemeinsam mit anderen Partner aus der Region unterstützen? Ich werde auf alle Fälle versuchen, auch im Rahmen der Bio-Regio-Modellregion Projekte an diesem Thema aktiv dranzubleiben. Vorerst aber widmen wir uns einem guten Abendessen aus Sundheimer Hahn und geschmortem Zittauer Gemüse, die gute Brühe wird mit einer “Backpfeife” einem Brötchen aus alten Getreidesorten aufgetischt, wie der Oberlausitzer sagt. Das ist nicht so edel, aber herrlich lecker und schmeckt nach Gemütlichkeit. Was es mit den “Backpfeifen” auf sich hat, dazu später mehr. Bleibt neugierig und genießt das Gute von Hier!

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