Schrammstraße 46
02763 Zittau
Verkauf und Öffnungszeiten
März bis Dezember Mi / Sa auf dem Zittauer Frischemarkt
Immer Freitag 14:00 – 17:00 Uhr in der Gärtnerei
Tel: +49 (0) 160-5254400
In der alten Gärtnerstadt Zittau erinnert leider nicht mehr so viel an die lange Tradition des Gemüseanbaus auf den ausgedehnten Feldern, die sich in bunter Pracht rings um die Stadt erstreckt haben müssen. Gärtnereien zu besuchen, Gemüse zu kaufen, das vor Ort wächst, bringt es mit sich, dass man einen Korb voll Jahreszeit und ein Bisschen Heimatgefühl nach Hause trägt. Dass das Essen, welches man daraus zubereitet, wie eine Landkarte kulinarischer Möglichkeiten immer neu und täglich anders den Reichtum der Gegend ausbreitet. Ja, ich gebe es zu: bei einem schönen Gemüseeintopf kann ich ein Bisschen sentimental und sehr zufrieden werden. Als umso öder empfinde ich es, wenn man das ganze Jahr die gleichen Sorten in plastikhafter Perfektion in den Auslagen sieht, deren einzige Variation darin besteht, dass sie mal vom einem, mal vom anderen Ende der Welt herbeigekarrt werden. Langweilig, geschmacklich wie optisch, und vor allem ohne Geschichte, Herkunft und Charakter. Kann man essen, muss man aber nicht, wenn man eine gute Gärtnerei vor der Haustür hat.
Peggy und Michael Schostek zu treffen ist ein Glücksfall für kochbegeisterte Oberlausitzer und Gemüse-Genießer. Die Gärtnerei in der Schrammstraße ist für mich ein Ort, auf dessen Besuch ich mich jede Woche freue. Das Einkaufen dort – und natürlich auch am Marktstand – ist immer mit Überraschungen verbunden. Was wird jetzt reif sein, was wird geerntet und was kommt als Nächstes? Vom ersten Kerbel bis zum späten Zuckermais, von Teesträußen bisHaferwurzel – rund um das Jahr kann man sich direkt mit regionalem, saisonalem, ökologisch produziertem Gemüse versorgen.
Die beiden Gärtner sind ein perfektes Team, Peggy redet am liebsten mit den Pflanzen, Michael kann wunderbar mit Kunden umgehen. Das Schostek-Angebot ist inzwischen eine „feste Größe“, aber bis es sich durchgesetzt hat, dass jedes Gemüse eben nur eine bestimmte Saison hat, Möhren auch mal anders aussehen und von einer zur nächsten Woche der Geschmack durch Wetter und Sonne variieren kann… nun bis dahin hat es gedauert. Viele nette Gespräche und witzige Aktionen wie das Ausstellen der lustigsten Möhrenmännchen auf dem Markt hat es gebraucht. Gegen Einwände wie den Fenchel, Salzkraut oder Asia-Salat aus Zittau seien ja gar nicht möglich, haben sie mit höflichen Einladungen geantwortet: „Kommen Sie vorbei und schauen es sich an!“ Schosteks haben eine offene Gärtnerei, in der Kunden ihre Fragen stellen können, Rezepte und Ideen für die besten Gemüsegerichte ausgetauscht werden und auch mal eine Tomatenverkostung stattfindet. Überhaupt die Tomaten, ein Gedicht an Geschmack und Vielfalt, das sich zunehmend mehr Menschen auch in Form von Pflanzen auf den Balkon und in den Garten holen, aber davon nachher mehr.
Auf der gar nicht so großen Fläche der Gärtnerei gedeiht Gemüse von geschmacklicher Fülle und robuster Gesundheit, das meines Eindrucks nach seines Gleichen sucht. Es dauert gar nicht lange, da erübrigt sich der Blick auf den Saisonkalender vollständig. Was bei Schosteks zu bekommen ist hat Saison und schmeckt nach Jahreszeit und Wetter, kräftig, ursprünglich voller Aroma und Frische. Jede einzelne Pflanze ist hier als Setzling gezogen, pikiert, ausgepflanzt und aufgezogen worden. Eine unglaubliche Arbeit, die man sich heute in kaum einer Gärtnerei mehr macht. Und vielleicht liegt auch darin das Geheimnis dieses Gemüses.
Man lernt wieder, sich auf die Tomatenzeit zu freuen, wenn aus den Zelten ein Duft strömt, der sich mit dem unter den Stauden wachsenden Basilikum harmonisch mischt. So duftet und so schmeckt der Sommer, nach über 30 Tomatensorten jedes Jahr. Was spektakulär klingt, ist das Ergebnis langer Arbeit, kluger Sortenauswahl und geduldiger Anpassung. Denn erst nach ein paar Pflanzengenerationen werden aus klingenden Namen wie „Goldköpfchen“ oder „Russischer Reisetomate“ echte Oberlausitzer, die mit Klima, Luft und Boden hier wirklich gut zurechtkommen.
Wenn ich Zeit habe, dann setze ich mich am Freitag einen Moment vor ein Gemüsezelt oder an den Rand eines Beetes. (Manchmal hat der Gärtnerei-Kater Radiccio Zeit und setzt sich dazu, aber er hat als Mäusebekämpfer einen Job zu erledigen.) Immer wieder staune ich darüber, dass eine solche Menge an köstlichen und gesunden Nahrungsmitteln hier wächst und gedeiht.
Bei milder Abendsonne kommt manchmal ein Besucher ins Schwärmen über diesen wunderbaren Beruf, bei dem man so viel an der frischen Luft ist. Ich glaube die Romantik verfliegt spätestes beim Spinat ernten bei 2°C und Schneeregen. Die Gärtnerei, das ist ein Beruf dem man lieben muss. Bei -5°C ebenso wie bei 35°C, bei Trockenheit, wenn die Pflanzen keinen Tag ohne unterstützende Bewässerung bleiben dürfen und auch dann noch, wenn ein einziger eisiger Fallwind aus dem Zittauer Gebirge der Hoffnung auf goldenen Zuckermais im Herbst den Garaus gemacht hat. Diese Art von Arbeit kennen die meisten Menschen heute nicht mehr, deswegen neigt man zu Romantisierung statt zu Respekt. Seit ich Micha und Peggy kennen gelernt habe, konnte ich viel von ihnen lernen. Dafür, dass sie diese Arbeit mit Liebe und Hingabe machen, bin ich immer wieder dankbar. Sie erhalten eine Tradition, für die Zittau einmal bekannt und berühmt war, sie zeigen, was man aus diesem Boden ziehen kann, wenn man ihn pflegt, statt ihn auszubeuten. Deswegen hoffe ich, dass immer mehr Kunden die Qualität und Vielfalt zu schätzen wissen, um die uns so mancher exklusive Biosupermakt nur beneiden kann.
Das ist die Tomatenvielfalt bei Schostek 2018 – für Beet, Balkon oder unter Glas!